Birkhuhn-Frühjahrszählung wegen Corona abgesagt

Wie geht es dem Birkwild in der Rhön? Dies zu ermitteln ist der Hintergrund der jährlichen Birkwildzählungen, die unter Mitwirkung der Wildland-Stiftung Bayern organisiert werden. Heuer ist die Frühjahrszählung wegen Corona gestoppt worden.

Langjährige Beobachtungsreihen sind für die Wissenschaft und Forschung von besonderer Bedeutung. Im Naturschutz sind es die Monitoring-Programme, die für Bestandserhebungen unerlässlich sind. Über die langjährigen Datensätze lassen sich nicht nur Trends ablesen, sondern manche Art vielleicht auch noch vor dem Aussterben schützen. Dies gilt für Vögel genauso wie für Insekten, Amphibien und viele andere Tier- und Pflanzenarten.

In der Rhön wird seit dem Jahr 1977 mit der Jägerschaft, Ornithologen und Naturfreunden der Birkhuhnbestand Ende April, zur Zeit der Birkwildbalz, erfasst. Waren es zuvor ausschließlich Zählungen der Rhönjäger, die sich für diese Vogelart besonders interessierten, wurden die Zählungen seit 1977 nach einem standardisierten Verfahren durchgeführt. Unter Mitwirkung von Dr. Franz Müller, Kurator am Naturkundlichen Museum in Fulda, Dr. Ulrich Glänzer (†) vom Bayerischen Umweltministerium und dem Wildbiologen Wolfgang Dietzen wurde bereits damals eine Methode entwickelt, den Birkhuhnbestand möglichst exakt zu erfassen . Über ein solches, immer nach gleichen Kriterien durchgeführtes Zählen und Auswerten, können haltbare Bestandszahlen ermittelt werden.

Damals im Jahr 1977 waren die Zähler mit einem Bestand von über 100 Hähnen noch sehr zufrieden. Inzwischen ist er seit vielen Jahren auf ein sehr niedriges Niveau gesunken. Aber auch dies ist das Ergebnis der jährlichen Zählungen, für die sich jedes Frühjahr am letzten Aprilwochenende rund 120 Freiwillige zur  genau vorgegebenen Ansitzmethode einfinden. Da kann es regnen oder schneien, die Sonne scheinen oder der Wind um die Ohren pfeifen, vier Stunden von 4 bis 8 Uhr morgens heißt es still halten, horchen und schauen. Und alles was gesehen oder gehört wird, wird exakt mit Uhrzeit dokumentiert. Dies dient der Auswertung der über 100 Zählbögen. Nur so ist gewährleistet, dass Doppelzählungen benachbarter Beobachter vermieden werden.

Grafik: Wildland-Stiftung Bayern

Über ein solches Monitoring, also die Dokumentation der Ereignisse in der Natur, können langfristige Bestandsentwicklungen aufgezeigt werden. Beim Birkwild ist der Bestand seit 1977 mit 101 Hähnen stets gesunken. Eine erste tiefe Depression gab es 1996 mit nur mehr 12 Hähnen und 5 Hennen. Nach intensiver Raubwildbejagung mit Hilfe der Unterstützung eines Berufsjägers der Wildland-Stiftung Bayern und umfangreicher Biotopmaßnahmen konnte sich der Bestand leicht erholen. Doch eine erneute Depression seit 2003 führte schließlich zum absoluten Tiefpunkt mit 4 Hähnen und 12 Hennen im Jahr 2010. In diesem Jahr wurde erstmals auch eine Herbstzählung durchgeführt, um den Zuwachs an Jungvögeln besser zu dokumentieren. Seither finden die Herbstzählungen jedes Jahr Ende September statt. Daran beteiligen sind etwa 50-60 Personen und etwa die Hälfte der verfügbaren Zählplätze werden besetzt.

Diskussionen um eine genetische Auffrischung der kleinen Rhöner Birkhuhn-Population waren längst im Gang und bis zum Jahr 2010 waren alle behördlichen Genehmigungen zum  Projekt der Auswilderung schwedischer Wildfänge eingeholt. Seither ist der Bestand durch die Wildfänge zwar wieder leicht angestiegen, doch ein richtiger Durchbruch lässt bis heute auf sich warten.

Entwicklung der Birkwildpopulation im Naturschutzgebiet „Langen Rhön“. Seit dem Jahr 2010 wurden schwedische Birkhühner ausgewildert.
Grafik: T. Kirchner/Wildland-Stiftung Bayern

Wenngleich bei allen Zählungen das Birkwild von besonderem Interesse ist, werden doch alle im Gebiet des Naturschutzgebiets Lange Rhön vorkommenden Vogelarten mitgezählt. Die Zahl der sogenannten Begleitarten schwankt je nach  Wetterbedingungen am Zähltag zwischen 60 bis 80 Arten bei der Frühjahrszählung. Dabei werden regelmäßig auch Rote-Liste- Arten wie Raubwürger, Bekassine oder Wiesenpieper erfasst. Aber auch häufige Arten wie Ringeltauben, Kohlmeisen  oder Wacholderdrosseln sind für die Artenvielfalt eines Gebiets von Bedeutung. Die Rhön zählt zu den „Hotspots“  der Biodiversität in Deutschland.

Titelbild: Birkhähne balzen in der Rhön©U. Kay-Blum

Die Stelle des Berufsjägers wird über das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus Mitteln der Jagdabgabe gefördert.