27. März 2019
Jäger bringen ihre Fachkenntisse in das Projekt „Agrarlandschaft Oberfranken“ ein, das als innovatives Naturschutzprojekt den Schutz des Rebhuhns und der Artenvielfalt in der Feldflur zum Ziel hat. Die Wildland-Stiftung Bayern trägt als Mitglied der Trägergemeinschaft zum Gelingen des Projekts bei.
Bereits zum Jahresbeginn 2018 ging das innovative Naturschutzprojekt zum Schutz des Rebhuhns und der Artenvielfalt in der Feldflur an den Start. Inzwischen hat es kräftig Fahrt aufgenommen. So standen im ersten Sommer vor allem die Vertragsabschlüsse mit den Landwirten im Vordergrund, da ja bereits nach der Ernte die Einsaat für 2019 geplant wird. „Die Zustimmung der Landwirte ist beispielhaft“, erläutert André Maslo, Projektinitiator und Geschäftsführer des Trägergemeinschaftspartners Ökologische Bildungsstätte Oberfranken. Bereits im ersten Jahr konnten wir etwa 30 Flächen mit insgesamt gut 25 Hektar unter Vertrag nehmen – ausschließlich Flurbereiche, die Rebhuhn, Hase, Lerche und Co. direkt nutzen. Sie liegen abseits von Wäldern, sind breit statt schmal, lückig und offen und weisen die Kombination aus einjähriger und zweijähriger Vegetation auf.
Am 19. Dezember trafen sich daher interessierte Revierinhaber in den Räumen des Wasserschlosses im oberfränkischen Mitwitz. Mehr als 30 Reviere waren von Beginn an dabei, halfen z.B. schon im Frühjahr 2018 mit, den Rebhuhnbesatz dreier Landkreise zu erfassen. „Wir freuen uns sehr, dass die Jägerschaft von Beginn an so in das Projekt eingebunden wurde. Gemeinsam können wir das Beste für das Niederwild, bedrohte Feldvogelarten und die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft allgemein erreichen“, sind sich Eric Imm, Geschäftsführer der Wildland-Stiftung Bayern, ebenfalls Trägergemeinschaftspartner, und Hartmut Wunderatsch, Regierungsbezirksvorsitzender und BJV-Präsidiumsmitglied, einig.
Um offene Fragen hinsichtlich des Einflusses von Prädatoren zu klären, werden im Rahmen eines begleitenden Versuchs in speziell ausgewählten Revieren moderne Betonrohr-Wippfallen mit Meldern installiert, die einen effektiven und tierschutzgerechten Fang von Raubsäugern ermöglichen. Besonders dankbar ist die Trägergemeinschaft hier über die Mithilfe von Wolfgang Robl, Fangjagdschuleninhaber aus dem Hofer Land, der die Fallen anliefert und zusammen mit den Revierinhabern an den jeweils geeignetsten Stellen einbaut, die die Praktiker gemeinsam herausfinden. So sind von Anfang an eine gebündelte Fachkompetenz und ein verlässlicher Einsatz gewährleistet.
Entscheidend dabei ist, dass die Reviere in einem größeren räumlichen Zusammenhang stehen, damit die Ergebnisse auch mess- und sichtbar werden. Denn zum Projektende sollen die Reviere, bei denen Biotopverbesserungen, Zufütterung und Fangjagd miteinander verbunden wurden, gezielt mit denen verglichen werden, in denen die letzten beiden Module nicht zum Einsatz kamen.
Die Zufütterung kann dabei auf größerer Ebene erfolgen und basiert auf aktuellen wildbiologischen Erkenntnissen. Entscheidend ist, dass das Augenmerk verlagert wird: „Nicht der Herbst und der Winter sind die Nahrungsengpässe – abgesehen von sehr schneereichen Jahren“, erklärt André Maslo, der viele Erfahrungen zur selektiven Zufütterung von Rebhühnern gemacht hat. „In dieser Jahreshälfte spielt eher die Deckung eine Rolle, die wir in Form der Blühstreifen schaffen. Wirkliche Not leiden Rebhühner in der `Hungerlücke´ zwischen Februar und Mai, wenn Nahrungsmangel, Balz und beginnende Reproduktion zusammenfallen. Und in den letzten Jahren ist der Insektenmangel als echter Flaschenhals für die Küken hinzugetreten. Das versuchen wir in unserem Ansatz abzubilden. In Thüringen habe ich beispielsweise sehr gute Erfahrungen mit der Beimischung eines biologischen Starters für das Gesperre gemacht. Die Zahl überlebender Küken ist rasant gestiegen. Dieses Wissen möchte ich nun nach Oberfranken übertragen.“
„Auch wir sind gespannt, welche Auswirkungen auf die Biodiversität dieses Projekt insgesamt hat. Dass wir alle Akteure, Naturschützer, Behörden, Landwirte und Jäger, mit eingebunden haben, ist sicher ein großer Vorteil“, ist sich Frank Reißenweber, Mitinitiator und LBV-Vorstandsmitglied sicher. „Begleituntersuchungen werden die Wirksamkeit evaluieren. Schon jetzt haben wir gemeinsam für die Landwirte spürbare Erleichterungen gefordert, etwa, den Einsaatzeitpunkt flexibel zu handhaben und die unsinnige jährliche Mulchpflicht so codierter Flächen auszusetzen.“
Dieses Zusammenbringen unterschiedlicher Interessengruppen birgt das große Potential, wirkliche Veränderungen herbeizuführen. Beispielsweise werden die Landwirte mit höheren Prämien vergütet, wenn sie die neuen Rebhuhnblühflächen anlegen, denn durch die jährliche Mahd und Neuansaat jeweils einer Hälfte haben sie erhöhten Aufwand. Wird dieser kompensiert und wirbt der lokale Bauernverband selbst für das Projekt, entsteht eine hohe Mitwirkungsbereitschaft.
Ziel des Projektes ist es also, die gemachten Erfahrungen und Ergebnisse so nachhaltig wie möglich in bestehende Förderprogramme zu integrieren. Denn so wäre gewährleistet, dass Landwirte sich in Kooperation mit ihren Jagdpächtern jederzeit für diese Alternative entscheiden könnten. Auch die aus Mitteln der Jagdabgabe beschafften Fallen und Fütterungen verbleiben bei eifriger Nutzung im Revier – so ist langfristiges Engagement sichergestellt!
Dr. André Maslo
Ökologische Bildungsstätte Oberfranken
Titelbild: Rebhuhn@R. Dorn/piclease
Das fünfjährige Projekt „Agrarlandschaft Oberfranken“ wird über die Trägergemeinschaft aus Wildland-Stiftung Bayern, den Kreisgruppen Coburg, Lichtenfels und Kronach des Bayerischen Jagdverbands und des Landesbunds für Vogelschutz sowie der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken umgesetzt.