Keine Winterfreuden für die Rhöner Natur

Endlich Schnee. Doch gerade der Schnee sorgt auch und vor allem in Corona Zeiten für einen Besucheransturm in der Natur. Bei einem Besuch des Naturschutzgebiets Lange Rhön zeigt Gebietsbetreuer Torsten Kirchner von der Wildland-Stiftung Bayern, welch massive Probleme dabei bestehen.

Wem will man es verübeln raus zu gehen? Lockdown, Masken und zahlreiche Einschränkungen gehen an den meisten Menschen nicht spurlos vorüber. Seit Monaten scheint der Drang in die Natur umso größer zu sein. Wer sich sonst auf Pisten und Loipen im In- und Ausland zwischen den Jahren aufhielt, scheint nun die heimischen Gefilde für den Spaß im Schnee entdeckt zu haben. Und dann in den Weihnachtsferien solche idealen Wintersportbedingungen in den bayerischen Höhenlagen…

Die Parkplätze in der Hochrhön sind täglich voll, manchmal überfüllt, auch im NSG Lange Rhön. Traumhafte Kulisse plus Schnee! Mit Schneeschuhen im Gepäck und Schlitten suchen Massen an Besuchern die Erholung im Schnee – sie kommen – trotz Lockdowns – auch aus dem weiten Umfeld.

Die Loipen sind bestens präpariert, es gibt sogar Bratwürste „to go“ und Kaffee am Schwarzen Moor, doch aufgrund der Corona-Verordnung muss die Toilette geschlossen bleiben. Die diensthabenden Ranger von Naturpark und Biosphärenreservat Rhön und der Gebietsbetreuer der Wildland-Stiftung, Torsten Kirchner mit seinem Berufsjägerkollegen, Raphael Blum, versuchen bei der Besucherlenkung zu retten, was eigentlich nicht zu retten ist. Zu groß ist die Zahl der Besucherströme, die an den Hängen mit fröhlichen Kindern Schlitten fahren, mit Schneeschuhen querfeldeinlaufen, Fotoshootings veranstalten. „Das macht keine Freude, die Leute auf die Regeln im NSG hinzuweisen und freudigen Kindern zu sagen, dass sie den Schlitten wieder einpacken müssen, während 100m weiter freilaufende Hunde durch den Schnee tollen.“ Aber auch das ist nicht erlaubt. Hunde gehören im Naturschutzgebiet an die Leine und dürfen nicht frei durchs Gebiet rennen.

Wir sind natürlich freundlich und agieren mit Fingerspitzengefühl, aber manchmal führt eine solche Situation einfach zu Frust, denn nicht alle Naturnutzer sind einsichtig. Spricht man Wildparker an, dass sie Gefahr laufen, ein Knöllchen zu kassieren, hört man schonmal die Aussage „Geld haben wir genug!“
Doch es geht natürlich um unsere Wildtiere. Nicht nur das Birkwild kann schlecht mit zahlreichen Störungen umgehen und verliert wertvolle Energiereserven, wenn es aufgescheucht wird – es betrifft alle Wildtiere. Jäger schreiben per whatsapp an den Gebietsbetreuer: „Die Reh rennen nur noch rü und nü (hin und her) – überall“.
Ranger Mike Prozeller hat sich für eine Stunde hinter die Absperrungen im gesperrten Schwarzen Moor gestellt. In sein Notizbüchlein hat er fast 50 Verstöße in einer Stunde eingetragen – das alles erscheint uferlos.

Schutzgebiet statt Freizeitpark

Nun könnte man meinen nach Coronazeiten normalisiere sich die Situation, doch dies sieht der Gebietsbetreuer anders. Die Menschen erkennen, dass die Rhön ein einmalig schönes Gebiet vor der Haustüre ist. Und wenn dort Schnee liegt während es in den Tallagen trist und grau ist, kommen die Leute in den Schnee ob mit oder ohne Corona.

Für Kirchner besteht das Problem jedoch darin, dass viele Besucher das größte außeralpine Naturschutzgebiet Bayerns nicht als einen Bereich sehen, in dem der Schutz der Natur Vorrang hat, sondern als eine Art Freizeitpark betrachten.
Viele hätten momentan von all den Einschränkungen, die Corona mit sich bringe, wohl die Nase voll und wollten in ihrer Freizeit keine weiteren. Beschilderungen und Verbote würden daher schlicht ignoriert. Würde man sie auf die Verstöße hinweisen, gäben sich die Betroffenen unwissend oder würden gar aggressiv.

Doch jeder Krise lässt sich auch etwas Positives abgewinnen. Es ist wohl in vielen wertvollen Gebieten Bayerns an der Zeit über professionelles Besuchermanagement neu nachzudenken und auch die Ahndung von Vergehen sollte an der ein oder anderen Stelle Wirkung zeigen. In der Rhön soll das Thema in den kommenden Monaten grundsätzlich und umfassend angegangen werden!

Wir danke der Firma MineralBrunnen RhönSprudel für die großzügige Unterstützung unseres Engagements im Biosphärenreservat Rhön.

Die Stelle des Gebietsbetreuers wird über den Bayerischen Naturschutzfonds gefördert.

Die Stelle des Berufsjägers wird über Mittel der Jagdabgabe vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert.

Titelbild: Besucherstrom im Naturschutzgebiet Lange Rhön; Foto: T. Pfeuffer

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